Es ist Ihnen flau, der Magen rebelliert, ein Würgereiz steigt auf. Übelkeit ist schwer zu ertragen, auch wenn die Ursachen oft harmlos sind. Einfache pflanzliche Mittel helfen überraschend gut.
Claudia Rawer GN 6.14
Übelkeit (medizinisch Nausea) kommt häufig vor. Schülern ist vor Aufregung übel, wenn eine Klassenarbeit ansteht, Frauen plagen sich mit Schwangerschaftsübelkeit, Künstlermägen verkrampfen sich vor Lampenfieber, und so mancher fürchtet sich schon lange vor der Bus-, Flug- oder Schiffsreise vor dem Moment, in dem man meint, am liebsten sterben zu wollen. Nausea tritt auf bei:
Salopp könnte man sagen, dass Übelkeit im Kopf
stattfindet. In unserem Hirnstamm befindet sich ein «Brechzentrum», das
in ständiger Verbindung mit dem Kleinhirn, dem Magen-Darm-Trakt und den
Gleichgewichtsorganen steht. Informationen erhält es auch über den
Geruchssinn, das Blut und sogar über die Psyche.
Nimmt das Gefühl
der Übelkeit überhand, wird es ganz körperlich: Der Brechreflex wird
ausgelöst. Das ist auch gut so: Dieser vegetative Schutzreflex des
Körpers ist dazu gedacht, unerwünschte, unverträgliche oder gar
schädliche Substanzen schnellstens wieder loszuwerden. Ist der Magen bei
einer Magenverstimmung, nach einer nicht ganz koscheren Speise oder bei
einer Überlastung erst einmal geleert, tritt Erleichterung ein.
Daher
sind aber auch die am schwersten erträglichen Formen der Nausea die, bei
denen es gar nicht zum Erbrechen kommt, wie das oft bei Reise- oder
Schwangerschaftsübelkeit der Fall ist.
Übelkeit
und Erbrechen können auch Anzeichen einer schweren Erkrankung sein.
Schnellstens zum Arzt sollte man, wenn Nausea z.B. in Begleitung
folgender Symptome auftritt:
Tritt Übelkeit nach einem Sturz auf, ist das Erbrechen sehr heftig, schwallartig, gallig, wird gar Blut oder geronnenes (dunkles) Blut erbrochen, gilt ebenfalls: Sofort eine Arztpraxis aufsuchen. Solche Symptome sind möglicherweise Anzeichen für eine Blinddarm-, Bauchspeicheldrüsen- oder Hirnhautentzündung, eine Gehirnerschütterung oder andere ernsthafte Erkrankungen. Beim Herzinfarkt kann Übelkeit sogar eins der ersten Symptome sein.
Generell gilt: Falls
Übelkeit länger als drei Tage anhält oder sich nach dem Erbrechen nicht
bessert, sollte man eine Ärztin oder einen Arzt konsultieren.
Bei akuter Übelkeit und Erbrechen: Mindestens einen Tag lang nichts
essen bzw. nur (Kräuter-)Tee, trockenen Toast oder Zwieback oder eine
Haferflockensuppe zu sich nehmen. Achten Sie auf eine ausreichende
Flüssigkeitsaufnahme, vor allem, wenn Erbrechen auftritt. Fühlen Sie
sich besser, können Sie langsam wieder leicht verdauliche Nahrungsmittel
auf den Speiseplan setzen, z.B. helles Brot, leichte Suppen, Bouillon,
gekochte oder gedünstete Gemüse. Alkohol, Koffein, Rohkost, schweres,
fettreiches Essen sowie scharfe Gewürze sollten Sie noch eine Zeit lang
meiden.
Medikamentös wird Übelkeit meist mit Mitteln bekämpft, die das Brechzentrum hemmen. Sie sind wirksam, machen aber z.B. auch häufig müde. In vielen Fällen kann man der unangenehmen Nausea auch gut mit sanften Methoden zu Leibe rücken – sogar vorbeugend. Wir stellen Ihnen die Stars der phytotherapeutischen Apotheke gegen Übelkeit von Artischocke bis Zitrone vor.
Nicht alle sprechen auf die pflanzlichen Substanzen gleich an. Daher sollte man ein wenig ausprobieren: Während der eine auf frischen Ingwer schwört, hilft der anderen die sanftere Kamille besser.
Anis (Pimpinella anisum), Fenchel (Foeniculum vulgare) und Kümmel (Carum carvi) kommen aus der gleichen Pflanzenfamilie. Die Samen der Doldenblütler wirken antibakteriell und entkrampfend und lindern Übelkeit, auch z.B. bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Der süße Geschmack macht Anistee bei Kindern beliebt. Kümmel alleine ist auch vielen Erwachsenen zu herb; daher werden die drei auch gerne in Kombination angeboten.
Für Tees am besten Bioware nehmen. Zu beachten ist: Anis- und Fencheltee sollten nicht täglich und nicht ausschließlich getrunken werden – auch von Babys nicht. Lieber öfters abwechseln. Auch bei Kräutertees gilt häufig: «Allzu viel ist ungesund».
Zwei, drei Blättchen frisches Basilikum (Ocimum basilicum) zu kauen, hat sich bei Übelkeit verschiedenster Art bewährt. Das aromatische Kraut beruhigt den Magen, nimmt den Brechreiz und macht den Kopf frei.
Lavendel (Lavandula officinalis; als Tee, Teemischung oder einige Tropfen des ätherischen Öls auf einem Taschentuch zum Riechen) kann bei Übelkeit, Schwindel und Kreislaufschwäche hilfreich sein. Die englische Herzogin Kate soll Lavendelkekse gegen ihre Schwangerschaftsübelkeit gegessen haben.
Rebelliert der Magen, weil man zu fettreich, zu viel oder auch etwas nicht mehr ganz Frisches gegessen hat, hilft die ausscheidungsfördernde und gallebildende Artischocke (Cynara scolymus), wie auch bei chronischer Übelkeit aufgrund einer Störung der Leber- und Gallenfunktion. Fertigpräparate aus Artischockenblättern enthalten Bitterstoffe, die krampflösend und leberregenerierend wirken und die Übelkeit vermindern. Kann man trotz der Beschwerden etwas zu sich nehmen, hilft auch eine frische, gekochte oder gedämpfte Artischocke.
Ingwer (Zingiber officinale) – frisch, als Tee, als Präparat aus der Apotheke oder sogar als Ingwerbonbon – ist ein probates Mittel gegen Übelkeit. Er beruhigt nicht nur den Magen, sondern weist eine Reihe von hochwirksamen Inhaltsstoffen auf, die die Übelkeit an der Wurzel bekämpfen. Heidelberger Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Ingwer bestimmte Botenstoffe des Brechzentrums hemmt (und somit genauso wie synthetische Mittel gegen Nausea wirkt). Das Zentrum wird nicht aktiviert, und die Übelkeit bleibt aus.
Laut der Studie von Beate Niesler und Kollegen in der Fachzeitschrift «Neurogastroenterology & Motility» kann Ingwer sogar bei durch eine Chemotherapie verursachte Übelkeit erfolgreich eingesetzt werden. Er ist auch hilfreich bei Beschwerden, die durch die Einnahme von Medikamenten hervorgerufen werden. Bei allen Formen der Kinetose (Reisekrankheit) hat sich die scharfe Wurzel schon des Längeren bewährt. Sogar Seeleute schwören auf Ingwer, um dem Gang zur Reling vorzubeugen.
Schwangere Frauen sollten jedoch Vorsicht walten lassen: Ingwer kann zwar Schwangerschaftsübelkeit bekämpfen, er kann aber auch wehenfördernd wirken.
Bei Kopfschmerzen ebenso wirksam wie gängige synthetische Mittel, gut zu fettiger oder unreiner Haut – und sehr wirksam gegen Übelkeit, Brechreiz und akutes Erbrechen.
Pfefferminze wirkt krampflösend auf die Muskulatur des Magen-Darm-Traktes und regt die Bildung von Magensaft und Galle an. Das ätherische Öl der Minze wirkt antibakteriell und antiviral, kann also auch bei leichten Magen-Darm-Infektionen nützlich sein. Fühlt man sich unwohl, wirkt der Duft der Pfefferminze zudem erfrischend, und sie regt den Appetit wieder an.
Sehr hilfreich gegen Reiseübelkeit sind drei Tropfen Pfefferminzöl in wenig Wasser, schluckweise etwa 30 Minuten bis eine Stunde vor Antritt der Reise eingenommen. Das wirkt sogar bei Flugreisen!
Bei chronischen Magenbeschwerden ist eine Teemischung aus Pfefferminzblättern und Kamillenblüten besser verträglich als reiner Pfefferminztee. Dies gilt auch bei Schwangerschaftsbeschwerden. Pfefferminztee wirkt zwar sehr gut bei Morgenübelkeit und Erbrechen, sollte aber in der Schwangerschaft nur zurückhaltend eingesetzt werden. Das ätherische Öl sollten schwangere Frauen ganz meiden, da es die Gebärmutter (zu früh) stimulieren kann.
Die aromatische Zitronenmelisse ist ebenfalls ein Kraut der Wahl bei Übelkeit und Unwohlsein. Ähnlich wie Fencheltee befreit Melissentee von Übelkeit und Magenschmerzen, löst Blähungen und Krämpfe und beruhigt. Zitronenmelisse kann auch bei Übelkeit, Erbrechen oder Magenproblemen infolge von Stress helfen. Gegen Übelkeit in der Frühschwangerschaft sowie aufgrund von Nahrungsmittelunverträglichkeiten hilft ein Teeaufguss aus Zitronenmelisse und Zitronenverbene besonders gut.
Fast überall zu haben und schnell zur Hand: Das Lutschen an einer Zitronenscheibe kann Übelkeit vertreiben. Die Frucht sollte natürlich unbehandelt und aus Bio-Anbau sein. In leichten Fällen reicht es oft schon aus, bei beginnender Übelkeit und aufsteigendem Brechreiz an einer Zitronenscheibe zu riechen.