background

Ingwer

Der feurige Ingwer ist ein Tausendsassa

Ingwer ist ein Multitalent: Gewürz und Genussmittel, Heilpflanze und Gesundheitsvorsorge von Kopf bis Fuss. Man kann ihn kandiert ebenso geniessen wie sauer eingelegt. Er hilft bei Durchblutungsstörungen, Infekten, Verdauungsproblemen, Übelkeit und Schwindel. Ingwer tut gut als Tee, als Kompresse bei Verstauchungen, und eine Suppe mit Ingwer wärmt auch im kältesten Winter. Ingweröl eignet sich sogar zur Bekämpfung von Kartoffelkäfern!

Der Ingwer, den wir essen oder in Arzneimitteln verwenden, heisst botanisch Zingiber officinale. Zur gleichen Pflanzenfamilie gehört unter anderem auch die Gattung Curcuma, die scharf schmeckende Gelbwurz, die dem Curry seine typische Farbe verleiht.

Die Ingwergewächse (Zingiberaceae) besitzen einen sich verzweigenden Wurzelstock, ein so genanntes Rhizom. Die Bezeichnung «Wurzel» ist also eigentlich nicht korrekt, es handelt sich vielmehr um unterirdisch kriechende, knollige Triebe, die sich geweihartig verzweigen. Von dieser Form des Rhizoms leitet sich auch der Name ab: «Sringavera» bedeutet im Sanskrit «hornförmig» oder «mit Geweihsprossen versehen».

Ingwer kommt aus dem tropischen Südostasien, wird aber heute in vielen Ländern von Lateinamerika bis Afrika angebaut. Die Hälfte der Jahresproduktion bringt Indien hervor; die beste Qualität wird jedoch dem Ingwer aus Jamaica nachgesagt.

Wenn die Pflanze im Herbst ihre Blätter verliert, werden die Rhizome geerntet, in kochendes Wasser geworfen und einige Tage in der Sonne getrocknet. Frühzeitiger geerntete Wurzelstöcke sind als «Grüner Ingwer» im Handel. Er ist faserarm und milder, aber auch weniger aromatisch.

Ingwer Ingwerwurzel

Wechselvolle Geschichte

Während Ingwer aus den Küchen und Arzneischränkchen Asiens nicht wegzudenken ist, hat er in Europa eine eher wechselvolle Karriere hinter sich. Im Mittelalter war er so beliebt, dass die Gasse der Gewürzkrämer zu Basel in «Imbergasse» umbenannt wurde.

  • In vielen Kräuterbüchern wurde er für medizinische Zwecke empfohlen, und europäische Herrscher vom französischen Sonnenkönig Ludwig XIV bis zu Friedrich dem Grossen liebten Ingwer über alles.

Im Verlauf des 18. Jahrhunderts wandelte sich das, man bezeichnete Ingwer gar als «höllische Zutat», und er verschwand nach und nach aus den Küchen. Erst mit der zunehmenden Bekanntheit und Beliebtheit indischer, thailändischer oder japanischer Kochkunst bei uns trat er einen neuen Siegeszug an. Mittlerweile gibt es die goldene Wurzel fast überall frisch zu kaufen.

Ingwer ist vielleicht Geschmackssache, viele schrecken vor seinem scharfen Geruch und Geschmack zunächst zurück. Ich kannte früher Ingwer nur in Ingwerstäbchen – und die konnte ich nicht ausstehen. Heute schwärme ich geradezu für die Knolle, verwende sie in Suppen, asiatischen Gerichten und Aufläufen, ja sogar an Sauerkraut – und möchte vor lauter Verzückung über den wunderbaren Geruch manchmal am liebsten in eine frische Wurzel hineinbeissen. Das geht offenbar nicht nur mir so. Auf einer Gewürzseite im Internet ist es sehr hübsch formuliert: «Das Faible für Ingwer ist Teil einer Weltanschauung. Manchmal kommt die Erkenntnis erst mit zunehmender Lebenserfahrung.» Auf jeden Fall: ein Versuch, sich mit Ingwer anzufreunden, lohnt sich!

Ingwer bei Reiseübelkeit

Wer nur mit den diskreten Tütchen und einem Vorrat an Papiertaschentüchern auf Reisen gehen kann, wird es zu schätzen wissen: Ingwer hilft. In verschiedenen Studien, in denen die Wirkung des Ingwers mit der von Placebos und von anderen Mitteln gegen Reisekrankheit verglichen wurde, reduzierte Ingwer  Übelkeit, Erbrechen, kalten Schweiß und Schwindel deutlich und überzeugend.

  • Manche kauen einfach ein Stückchen frischen Ingwer, andere haben immer ein paar Ingwerstäbchen in der Handtasche. Als Medikament gegen Übelkeit und Erbrechen gibt es aber auch Kapseln mit pulverisiertem Ingwer.

Während einer Schwangerschaft sollte die Dosis von einem Gramm Ingwerpulver täglich nicht überschritten werden, sonst kann die tägliche Menge, wenn nötig, zwei bis drei Gramm erreichen. Menschen mit Gallensteinen sollten allerdings vor dem Gebrauch des Ingwerpulvers einen Arzt konsultieren.

Ingwer ist vielseitig

Kulinarisch gesehen ist der feurige Ingwer ein ebensolcher Tausendsassa wie in der Heilkunde. Das zitronig-frische Aroma und der fruchtig-scharfe Geschmack verbinden sich mit Jogurt oder einem Schokoladenüberzug ebenso erfolgreich wie mit Gemüse oder Fisch. Eine klassische Gewürzmischung des Ayurveda heisst «Tri Katu», die «drei Scharfen» – das sind Ingwer und zwei Pfeffersorten zu gleichen Teilen.

  • Ingwer enthält neben Eiweiss, Kohlenhydraten und den vielen ätherischen Ölen die Mineralstoffe Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Natrium und Phosphor sowie die Vitamine B3 und B6, Inositol, das der Leber gut tut, und Cholin, das eine positive Wirkung auf die Gedächtnisleistung hat. Das eiweissspaltende Enzym Zingibain wirkt verdauungsfördernd, ähnlich wie das Bromelain in der Ananas. Viele der Ingwer-Inhaltsstoffe können zudem gegen Viren helfen.

Man kann Ingwer roh essen (dünn schälen, denn viele wichtige Inhaltsstoffe sitzen unter der Schale), gebraten (wobei er etwas an Geschmack und Schärfe verliert) oder mitgekocht. Gerade im Herbst und Winter verleiht Ingwer einer Gemüse- oder Hühnersuppe jene wohltuend wärmende Wirkung, die sich vom Magen aus über den ganzen Körper ausbreitet. Ingwer passt nicht nur hervorragend zu Gemüse, auch viele Fisch- und Fleischgerichte bekommen durch seinen aromatischen Geschmack erst die ganz besondere Würze. In einem Kochbuch wird sogar vorgeschlagen, Ingwer zum Käsefondue zu reichen, um das Fondue nicht nur rassiger, sondern auch leichter verdaulich zu machen.

Ingwer gibt auch der beliebten Limonade Ginger Ale seinen unvergleichlichen Geschmack – wenn echter Ingwer, nicht etwa künstliches Aroma, enthalten ist.
Tipp: Sauer eingelegter Ingwer, wie er als «beni shoga» zu Sushi serviert wird, ist eine appetitliche, gesunde Knabberei – und hat viel weniger Kalorien als Salzstangen oder Chips.

Ingwertee gibt warm

Die wärmende Wirkung des Ingwers lässt sich besonders bei winterlichen Temperaturen für die Gesundheit ausnutzen. Ingwertee aus einem Esslöffel frischer Ingwerwurzelstücke auf eine Tasse kochendes Wasser kann vor, während oder nach den Mahlzeiten getrunken werden. Mit etwas Zitronensaft und Honig schmeckt das besonders gut.

  • Ingwertee regt die Durchblutung an, löst Verspannungen und Verkrampfungen im Magen-Darm-Trakt und wirkt bei Verschleimungen und Husten. Eine Leserin berichtete uns, dass sie früher immer wieder Probleme mit den Bronchien hatte, die nicht mehr auftreten, seit sie Ingwertee trinkt.

  • Aufgrund dieser Wirkung wird das Getränk auch als «Tee der Sänger» bezeichnet – Ingwertee vor dem Auftritt gibt eine klare Stimme, schützt vor Heiserkeit und verhindert ein Austrocknen des Halses.

  • Bei Erkältungen hat sich auch duftende Ingwermilch bewährt. Dafür werden einige Scheiben frischer Ingwer oder ein Teelöffel Ingwerpaste (aus dem Asienladen) mit Milch aufgekocht, nach Bedarf mit etwas Honig gesüsst und so heiss wie möglich getrunken. Dieses einheizende Getränk sollte man allerdings nicht anwenden, wenn der erkältete Mensch schon heftig schwitzt oder hohes Fieber hat.

Ingwerwurzel als Badezusatz

Auch als Badezusatz wirkt die Ingwer-Wurzel wohltuend. Bei Schlaflosigkeit, überreizten Nerven und auch bei Unterleibsleiden der Frauen beruhigt und entspannt sie. Ein Ingwersud oder ein Tropfen Ingweröl mit einem Esslöffel Mandelöl vermischt wirkt als Badezusatz durchblutungsfördernd und regt den Kreislauf an.

Und wenn draussen so richtig nasskaltes Schmuddelwetter ist oder sogar Schnee liegt, gönnen Sie sich vielleicht einmal ein Ingwer-Fussbad. Das ist für müde, schmerzende und kalte Füsse eine ganz besondere Wohltat.

Tolle Tipps für die Wellness-Oase zu Hause finden Sie hier.