Die Wechseljahre sind für viele Frauen mit Beschwerden wie vermehrtem Schwitzen, Schlafstörungen oder Haarausfall verbunden. Die Betroffenen halten diese Probleme oft für „normale Begleiterscheinungen".
Aber: Sie können aber auch auf eine mögliche Schilddrüsenerkrankung hinweisen, denn diese wird durch die Hormonumstellung begünstigt.
Autorin: Annette Willaredt, 01/20
Die Wechseljahre beginnen bei den meisten Frauen zwischen dem 40. Und 50. Lebensjahr. In dieser Zeit verlangsamt sich die Funktion der Eierstöcke. Dadurch kommt es in der ersten Phase oft zu einem Östrogenüberschuss. Später sinkt nach und nach der Spiegel der weiblichen Geschlechtshormone. Diese hormonelle Umstellung kann zu verschiedenen Beschwerden führen. Typisch sind Hitzewallungen, Schweissausbrüche, Zyklusstörungen, depressive Verstimmungen, Haarausfall, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Gewichtszunahme, trockene Haut, Konzentrationsstörungen, Verdauungsprobleme und Muskelschwäche. Jede Frau hat von diesen Symptomen schon gehört und wundert sich deshalb nicht weiter, wenn sie damit konfrontiert wird. Dabei wird aber leider oft übersehen, dass die Ursache auch eine Schilddrüsenerkrankung sein kann.
Jetzt wird es leider noch komplizierter: Auch eine Überfunktion kann sich in den Wechseljahren entwickeln. Zum einen wird die Bildung von Knoten in der Schilddrüse durch die hormonellen Veränderungen begünstigt. Diese Knoten können autonom Hormone abgeben, sie arbeiten nicht nach Bedarf. Auch die Entwicklung der Basedowschen Krankheit wird durch den veränderten Spiegel der weiblichen Sexualhormone gefördert. Diese Erkrankung ist ebenfalls eine Autoimmunerkrankung; das körpereigene Immunsystem greift also das eigene Gewebe an. Das hat zur Folge, dass die Aufnahme von Jod in der Schilddrüse gesteigert und dadurch vermehrt Schilddrüsenhormone produziert werden. Auch bei einer Überfunktion finden sich einige Symptome, die denen der Wechseljahre stark ähneln. Dazu gehören vor allem Schwitzen und ein Hitzegefühl, Verdauungsstörungen, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Zyklusunregelmässigkeiten, Haarausfall und trockene Haut. Bei einer Überfunktion der Schilddrüse kommen noch Gewichtsverlust trotzt reichlichem Essen, Zittern, beschleunigter Herzschlag, Bluthochdruck, Muskelschwäche und Osteoporose hinzu.
Es ist deshalb jeder Frau mit Wechseljahresbeschwerden zu raten, vorsorglich auch einen Schilddrüsen-Spezialisten aufzusuchen. Ein Bluttest reicht aus, um zu klären, ob das kleine Organ richtig arbeitet. Ausserdem wird meist eine Ultraschalluntersuchung gemacht, um eventuell vorhandene Knoten zu entdecken. Bei einer Unterfunktion kann der Hormonmangel mit synthetischen Hormonen ausgeglichen werden. In den Wechseljahren sollte das Präparat allerdings „eingeschlichen" werden, um das Herz-Kreislauf-System nicht zu überlasten. Das heisst, dass mit einer sehr niedrigen Dosierung begonnen und diese langsam nach individueller Verträglichkeit und Entwicklung der Laborwerte gesteigert wird. Bei einer Überfunktion kommen zur Behandlung Schilddrüsenhormonblocker, eine Radiojod-Therapie oder eine Operation infrage. Eine Therapie ist notwendig, den die Überfunktion erhöht besonders in und nach den Wechseljahren das Risiko für Herzrhythmusstörungen, Schlaganfälle, Alzheimer und Osteoporose (Knochenschwund).
Bei Schilddrüsenerkrankungen ist es ratsam, die Ernährung zu überdenken. Liegt eine Unterfunktion vor, sollte besonders auf eine gute Versorgung mit Jod geachtet werden. Das Spurenelement ist nötig, damit die Drüse ihre Hormone herstellen kann. Empfohlen werden für Erwachsene 200 Mikrogramm täglich. Diese Menge ist aber in Mitteleuropa nicht leicht zu erreichen, weil die Böden hier jodarm sind. Dadurch gelangt das Spurenelement nicht ausreichend in Gemüse, Milchprodukte, Getreide etc. Jodreich ist alles, was aus dem Meer stammt, also Seefisch, Meeresfrüchte oder Algen. Mit zwei Fischmahlzeiten in der Woche ist man auf der sicheren Seite. Auch jodiertes Speisesalz kann verwendet werden. Die Schilddrüse braucht für ihre Funktion auch Selen. Es steckt z.B. in Paranüssen, Haferflocken, Pilzen, Linsen, Brokkoli, Spargel, Weisskohl, Eiern, Fleisch, Innereien und Fisch.
Selen ist auch bei einer Überfunktion wichtig. Mit Jod muss man aber hier vorsichtiger sein. Fisch und Jodsalz sind in der Regel kein Problem. Aber sehr Jodhaltiges wie Algen oder Seetang ist nicht zu empfehlen, weil das die Störung der Drüse verstärken kann. Bei allen Schilddrüsenproblemen zu empfehlen ist regelmässige Bewegung, besonders Ausdauersport. So lässt sich Übergewicht, Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und vielen anderen Symptomen ganz natürlich gegensteuern. Frauen in den Wechseljahren profitieren von der körperlichen Aktivität doppelt – wirkt sich auch sehr günstig auf Beschwerden in dieser Lebensphase aus.
Neben der klassischen, schulmedizinischen Therapie sprechen Schilddrüsenerkrankungen nicht selten auch auf eine Akupunkturbehandlung gut an. Ein Versuch mit homöopathischen Mitteln, die von einem erfahrenen Therapeuten verordnet werden, lohnt sich ebenfalls. Naturheilpraktiker sehen ausserdem einen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenstörungen und einem Mangel an den Vitaminen D und B 12. Besonders bei den Autoimmunerkrankungen Basedow und Hashimoto kann es sinnvoll sein zu überprüfen, ob die Darmflora intakt ist. Ein Grossteil unseres Immunsystems sitzt im Darm. Wenn die Immunzellen körpereigenes Gewebe angreifen, wie es bei Autoimmunerkrankungen der Fall ist, kann diese Fehlsteuerung eventuell auch mit einem kranken Darm zusammenhängen. Eine Darmsanierung kann dann helfen. Dabei werden die nötigen nützlichen Bakterien über einige Wochen oder Monate mittels spezieller Präparate zugeführt, bis sich die Darmflora wieder stabilisiert hat. In der indischen Medizin setzt man bei Schilddrüsenunterfunktion Tee oder Extrakte aus dem Heilkraut Ashwagandha ein. In der europäischen Pflanzenheilkunde werden bei einer Unterfunktion Efeu, Hirtentäschel, Meerträubel und Thymian empfohlen. Bei einer Überfunktion sind es Herzgespann, Klette, Salbei, Schachtelhalm und Wolfstrappkraut. Eine wissenschaftliche Überprüfung der Wirkung gibt es allerdings nicht. Die Kräuter eignen sich deshalb nicht zur Behandlung auf eigene Faust.