Lecker, aber manchmal auch tödlich: Pilze waren schon immer ein begehrtes Lebensmittel, galten jedoch lange als nicht geheuer. Dabei sind einige von ihnen weit mehr als nur eine kulinarische Delikatesse.
Es gab Zeiten, in denen Pilzen mysteriöse Kräfte angedichtet wurden: Bei günstigem Wetter schiessen sie in nur einer Nacht aus dem Boden und formieren sich bisweilen zu kreisrunden «Hexenringen». Aber es gibt auch die sagenhaften Glückspilze, denen scheinbar alles gelingt.
Ob als Gift oder Droge, als Glückssymbol oder Medizin: Pilze galten zu allen Zeiten als etwas Besonderes, und der Aberglaube, der sich um sie rankt, verdankt seine Existenz ihren herausragenden Eigenschaften. Hildegard von Bingen hat sie beschrieben, und in Japan, Korea und China schätzte sie schon vor Jahrtausenden die Volksmedizin. Mittlerweile bestätigen zahlreiche Untersuchungen aus Asien und den USA das, was einst Heiler aus ihrer Erfahrung heraus beschrieben. Nur in Europa setzen sich die Erkenntnisse recht zögerlich durch.
Um sich vor Viren, Bakterien und Frassfeinden zu schützen, bilden Pilze eine Reihe von Substanzen aus, die für den Menschen gesund sind. Vor allem jenen Pilzen, die auf Bäumen wachsen, wird eine heilende Kraft zugeschrieben.
Studien zufolge eignen sich so genannte Heil- und Vitalpilze zu therapeutischen Zwecken und auch zur Vorbeugung: Sie stärken das Immunsystem, indem sie das körpereigene Gleichgewicht wiederherstellen und die Körperfunktionen regulieren. Damit halten sie den Menschen fit und verzögern das Altern. Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sind dafür nicht nur einzelne Bestandteile der Pilze verantwortlich. Es ist das Zusammenspiel der Inhaltsstoffe als Ganzes, das sie so wertvoll macht.
Wissenschaftlich erforscht sind hauptsächlich zwölf Pilze, die von der modernen Mykotherapie zur Behandlung verschiedener Beschwerden empfohlen werden. Zu ihnen gehören Shiitake, Maitake und Reishi. Alle drei sind (als Präparate) mittlerweile in Asien und den USA zur begleitenden Krebstherapie zugelassen, und allen dreien wird eine lange Reihe an günstigen Eigenschaften zugeschrieben. Jeder einzelne von ihnen aber hat bestimmte Hauptwirkstoffe, denen er seine Einzigartigkeit verdankt.
Shiitake
Shiitake (Lentinula edodes), der «König der Pilze», gilt mit seinem würzigen Aroma als Delikatesse und ist nach dem Champignon der am häufigsten verzehrte Speisepilz weltweit.
Bereits vor 2000 Jahren empfahl ihn die TCM, unter anderem bei Erkältung und Schwäche. Nach Ansicht von Dr. Heinz Knopf, dem ärztlichen Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Vitalpilzkunde (GfV), ist Shiitake der Schutz fürs Immunsystem schlechthin und trägt damit seinen Titel als König unter den Pilzen völlig zu Recht.
Unverwechselbar ist der Shiitake dank des gut erforschten Stoffes Lentinan: Dieses Polysaccharid wirkt laut Dr. Knopf vor allem auf die Darmflora, indem es die «guten» Bakterien stärkt und einer Fehlbesiedlung, etwa durch Candida albicans, entgegenwirkt. Der Darm sei der Schlüssel fürs Immunsystem, da sich fast drei Viertel aller Abwehrzellen in der Darmschleimhaut befinden.
Shiitake
Lentinan hat allerdings auch einen unerwünschten Effekt: Es kann allergische Hautreaktionen auslösen, unter Medizinern als «Shiitake-Dermatitis» bekannt. Nach Erkenntnissen des Deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung traten jedoch solche Reaktionen bisher äusserst selten auf. Ausserdem sei bei ihrer Entstehung – wie bei anderen Lebensmittelallergien auch – ein Bündel an Ursachen beteiligt.
Zu den bedeutenden Inhaltsstoffen des Shiitake gehört auch das Eritadenin: Diese ungesättigte Fettsäure fördert in der Leber die Umwandlung von schädlichem LDL-Cholesterin in unschädliches HDL-Cholesterin. Eritadenin verhindert einen erhöhten Homocysteinspiegel, der als Risikofaktor für Arteriosklerose gilt. Durch seine entsäuernde Wirkung soll es auch den Stoffwechsel anregen.
Maitake
Japanische Pilzsammler sollen wahre Freudentänze aufgeführt haben, wenn sie ein Exemplar des aromatisch schmeckenden Maitake (Grifola frondosa) fanden. Darum heisst er bis heute «der tanzende Pilz». Seine deutsche Bezeichnung «Klapperschwamm» weist vermutlich auf die zerklüftete Form hin. Laut der GfV ist Maitake der Pilz zum Abnehmen, weil sich durch seinen Verzehr weniger Fett im Gewebe anreichern soll.
Seinen besonderen Stellenwert innerhalb der Medizin verdankt Maitake den so genannten Beta-Glucanen aus der Gruppe der Polysaccharide: Sie aktivieren bestimmte weisse Blutkörperchen und unterstützen das Immunsystem bei seiner Abwehr von Viren und Bakterien. Wie US-amerikanische Studien bestätigten, können Beta-Glucane das Wachstum von Tumoren hemmen. Durch ihre antitoxischen Effekte sollen sie unerwünschte Nebenwirkungen bei Chemotherapie lindern.
Mediziner empfehlen Maitakte-Extrakte ausserdem bei Diabetes, insbesondere dem Typ 2, und bei zu hohem Blutdruck. Weitere Forschungen ergaben, dass Maitake – ebenso wie Shiitake und Reishi – beachtliche Mengen an Ergosterin enthält: eine Vorstufe des Vitamin D, das Osteoporose vorbeugt.
Maitake
Der Pilz sieht aus wie ein Hut, mit dunkelrotem Lack überzogen: Darum heisst er «Glänzender Lackporling» (Ganoderma lucidum). Das japanische Wort «Reishi» deutet auf langes Leben hin, und auch die chinesische Bezeichnung «Ling Zhi», bedeutet «Göttlicher Pilz der Unsterblichkeit». Der bis zu 15 Zentimeter grosse Baumpilz gilt in ganz Asien als Jungbrunnen. Als Speisepilz eignet er sich jedoch nicht, denn er ist extrem hart und schmeckt bitter.
Da Reishi zum Gedeihen ganz bestimmte klimatische Bedingungen braucht, war er in freier Natur und vor seinem wirtschaftlichen Anbau sehr selten. In China allein Kaisern vorbehalten, ist er mittlerweile zu einem der am besten untersuchten Heilpilze überhaupt avanciert.
Reishi
Seine
herausragenden Wirkstoffe sind neben den Beta-Glucanen die so genannten
Tripertene: Diese gelten als Mittel gegen Allergien. Sie reduzieren
Entzündungen und die Produktion von Histaminen – und werden damit auch
bei chronischer Bronchitis, Asthma und rheumatischer Arthritis
eingesetzt. Eine weitere Besonderheit der Tripertene: Sie senken den
Blutdruck und stärken das Herz-Kreislauf-System.
Als Tee genossen, wirkt Reishi laut der GfV beruhigend. Seinen Ruf als Jungbrunnen verdankt der Pilz seiner Eigenschaft als Radikalenfänger: «Damit können altersbedingte Schädigungen des Herzens, der Leber und Nieren vermindert und arteriosklerotische Gefässverengungen reduziert werden», heisst es im GfV-Buch «Vitalpilze». Besonders auffällig seien die verjüngenden Effekte auf die Haut.
Reishi
Pilze gehören zu den ältesten Lebewesen. Nachdem sie lange Zeit irrtümlich den Pflanzen zugeordnet worden waren, stellten die Botaniker fest, dass sie eine eigene Gruppe unter den Organismen darstellen: Wie Pflanzen sind sie ihrem Standort treu, doch sie haben kein Chlorophyll und machen auch keine Photosynthese.
Wie Insekten bestehen sie zu grossen Teilen aus Chitin, das sie zu einer eher schwer verdaulichen Kost macht. Wie Bakterien wandeln manche Pilze abgestorbene organische Stoffe in Humus um.
Was den Sammler freut, ist aber nur die sichtbare Frucht des Pilzes. Der eigentliche Pilzkörper, das so genannte Myzel, besteht aus einem feinen Faden-geflecht, das unter der Erde oder im Holz eines Baumes wächst. Je nach Lebensweise gibt es drei Gruppen: Pilze, die organisches Material in Humus umbauen; solche, die in Symbiose leben, etwa mit einem Baum, sowie parasitische Pilze.
Auf zirka 10 000 bis 12 000 Arten schätzen Botaniker allein die Grosspilze weltweit; zusammen mit den Mikropilzen sollen es 1,5 Millionen Arten sein. Doch die genaue Zahl weiss keiner, denn ständig werden neue entdeckt. Fest steht: Nach den Insekten sind Pilze die zweithäufigsten Organismen weltweit.
Auch jenseits ihrer therapeutischen Bedeutung sind Heil- oder Vitalpilze eine gesundheitlich äusserst wertvolle Kost: Sie haben wenig Kalorien, denn sie bestehen zu 90 Prozent aus Wasser. Sie sind reich an Eiweiss und Mineralstoffen, an Spurenelementen und Vitaminen und saugen diese wie ein Schwamm aus ihrer Umgebung auf.
Dass sie unter bestimmten Bedingungen auch Radioaktivität und Schwermetalle speichern, schadet ihrem Ruf als gesunde Delikatesse. Deshalb ist eine vertrauenswürdige Bezugsquelle wichtig, betont die GfV, und listet auf ihrem Internetportal Lieferanten auf, die Pilze auf unbehandelten Substraten züchten und von staatlich kontrollierten Laboren testen lassen.
Der Handel bietet Vitalpilze frisch und getrocknet, als Pulver und Extrakt an. Dabei gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Pulver und Extrakt: Im Pulver finden sich alle Bestandteile des getrockneten und gemahlenen Pilzes; demgegenüber enthält der Extrakt nur die löslichen Bestandteile.
Wer auf eine entgiftende oder entschlackende Wirkung setzt, sollte der GfV zufolge die ganzheitliche Kraft des Pulvers nutzen. Steht eine Stärkung des Immunsystems im Vordergrund oder handelt es sich um eine schwerere Krankheit, eignen sich laut GfV die wirkungsstärkeren Extrakte besser. Sehr oft habe sich auch eine Kombination aus Pulver und Extrakt bewährt, die beide selbst in höherer Dosierung völlig unbedenklich seien. Der Einsatz von Heilpilzen bei Erkrankungen sollte jedoch immer mit dem Hausarzt abgesprochen werden.
Jenseits von Pulver und Extrakt können die essbaren unter den Vitalpilzen in einer leckeren Mahlzeit genossen werden. Zur Vorbeugung gegen Krankheit und zur Erhaltung der körperlichen Vitalität empfiehlt die GfV, Vitalpilze öfters auf den Speiseplan zu setzen. Auf Seite 29 finden Sie ein herbstliches Rezept für «Kürbissuppe mit Shiitakepilzen».
Autorin: Gisela Dürselen
(Der Artikel erschien erstmals im Oktober 2010 in der Zeitschrift „A.Vogel Gesundheits-Nachrichten“)
Die Broschüre «Vitalpilze für Ihre Gesundheit» ist bei der Schweizer Gesellschaft für Vitalpilzkunde über das Internetportal www.gfvs.ch erhältlich (CHF 3.50 + Versand).
Das Buch «Vitalpilze. Naturheilkraft mit Tradition – neu entdeckt» hat die deutsche Gesellschaft für Vitalpilzkunde 2009 herausgegeben (208 S., ISBN: 978-3-00-028870-8, Euro 19.80/CHF 32.- plus Versand). Erhältlich im Buchhandel und über die Internetportale www.gfvs.ch und www.vitalpilze.de.
Shiitake und Maitake sind in der Schweiz (ebenso wie in Deutschland) als Speisepilze zulässig und stehen auf der so genannten Positivliste. Sie sind somit uneingeschränkt in der Schweiz verkehrsfähig und dürfen vertrieben werden.
Nicht ohne Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) in der Schweiz verkehrsfähig ist der Reishi-Pilz. In der Schweiz bewilligte Reishi-Produkte erhalten Sie bei der Firma Sanafort GmbH in CH-8542 Wiesendangen, dem Generalvertreter der Fa. Hawlik. Die deutsche Hawlik GmbH hat ihren Sitz in DE-82064 Straßlach. Webseiten:
Weitere Informationen und Produkte erhalten Sie auch bei www.tobeblanaced.com (CH-8207 Schaffhausen/DE-78244 Gottmadingen).