Der Schlag unseres Herzens begleitet uns ein Leben lang – 100 000 Mal pro Tag, ohne dass wir dem grosse Aufmerksamkeit schenken. Lesen Sie in unserer Serie über die Gesundheit des Herzens, was es im Takt hält.
Die Tätigkeit unseres Herzens ist ein höchst komplizierter Vorgang. Allein
die Schlagleistung macht schon fast schwindelig: 36 Millionen Schläge
im Jahr. Nach 30 Jahren, in der Blüte des Lebens, hat der unermüdliche
Muskel also bereits eine Milliarde Mal geschlagen.
Wir verlassen uns darauf, dass ein gesundes Herz regelmäßig schlägt und nicht einfach zu pumpen aufhört. Aber: Herz-Kreislauf-Krankheiten sind bei uns seit Jahrzehnten weit vor Krebs die häufigste Todesursache. Allein an einer chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz) leiden weltweit ungefähr 25 Millionen Menschen, jedes Jahr kommen etwa zwei Millionen dazu.
Ein gesundes Herz wiegt im Durchschnitt 300 Gramm. Es besteht aus einem besonderen Gewebe, dem Herzmuskel oder Myocard, der den Skelettmuskeln ähnelt. Das Zusammenziehen des Herzmuskels, die Kontraktion, bezeichnen wir als Herzschlag. Geschützt vor Stößen und Verletzungen, sitzt das Organ etwas links von der Körpermitte direkt hinter dem Brustbein. Es besitzt zwei Kammern, zwei Vorkammern und vier Ventile – eigentlich eine recht einfache mechanische Konstruktion.
Dieser Motor schlägt ungefähr 4000 Mal pro Stunde, 36 Millionen Mal pro Jahr. In einer Minute befördert das Herz vier bis sechs Liter Blut (und damit auch Nährstoffe, Hormone, Wasser und Sauerstoff) einmal durch unseren gesamten Körper; pro Tag macht das sieben- bis achttausend Liter.
Auf ein Menschenleben gerechnet transportiert es die stattliche Menge von rund 180 Millionen Litern – genug, um einen Öltanker zu füllen.
Ein elektrisches Leitungssystem löst diese stetige Pumpleistung aus: Der Sinusknoten, eine Gruppe von spezialisierten Zellen im rechten Vorhof, gibt elektrische Signale ab, die den Impuls für die Kontraktion ab- und den Takt vorgeben. Damit arbeitet das Herz weitgehend unabhängig vom Gehirn. Der Sinusknoten jedoch wird vom vegetativen Nervensystem und hormonalen Mechanismen beeinflusst. So passt er seinen Takt den Bedürfnissen des Körpers und der Psyche an. Je nach nervlichem oder chemischem Signal erhöht oder verlangsamt sich der Puls. Er ist ruhig und regelmässig, wenn wir in Ruhe sind, uns sicher und geborgen fühlen; er steigt bei körperlichen Belastungen und wenn wir unter Stress stehen; er rast, wenn wir jubeln oder Angst haben.
Die schwachen Ströme, die sich vom Sinusknoten über das Herz ausbreiten, lassen sich an der Haut ableiten und am Bildschirm sichtbar machen: Das ist das Elektrokardiogramm (EKG), aus dem der Arzt Rückschlüsse zieht, ob ein Herz gesund ist, aber z.B. auch zurückliegende Herzinfarkte erkennen kann.
Wer einmal mit einem Stethoskop auf seinen Herzschlag lauscht, wird zwei Töne hören, die schnell aufeinander folgen. Bei der so genannten Systole ziehen sich die grossen Herzkammern zusammen und pumpen Blut in den Kreislauf. Wenn sie leer sind, ziehen sich in der darauf folgenden Diastole die Vorhöfe zusammen. Vorhöfe und Herzkammern füllen und leeren sich also immer im Wechsel. Eine Ermüdung, wie wir sie von der Skelettmuskulatur kennen, tritt dabei nicht ein: Unser Herz schlägt unentwegt und unverdrossen.
Ist diese fast unvorstellbare Leistung nicht Grund genug, sich etwas um das Herz zu kümmern? Denn auch wenn es Belastungen und Fehlverhalten jahrelang geduldig erträgt, wird es auf die Dauer Schaden nehmen, wenn wir ihm einen allzu ungesunden Lebensstil zumuten.
Über Jahrzehnte transportiert das Herz den Blutstrom durch unseren Körper. Dabei kommt es häufig zu Entzündungsreaktionen in der inneren Gefäßwand und zu den charakteristischen Ablagerungen (Plaques) der sogenannten Arterienverkalkung oder Arteriosklerose. Diese Verhärtung und Verengung der Arterien entsteht durch Bindegewebswucherungen und die Ablagerung von Cholesterin, Blutfetten, Thromben und Kalzium. Neueste Forschungen weisen darauf hin, dass auch altersabhängige, autoaggressive Immunabwehrprozesse an der Aussenseite der Gefäßwand eine Rolle in diesem Krankheitsbild spielen.
Hauptrisikofaktoren für die Arteriosklerose sind Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Rauchen, generell ungesunde Lebensweise, erhöhte Blutfettspiegel und eben das Alter. Die Verengung der Gefässe betrifft den ganzen Körper und tritt meist in verschiedenen Gefässbezirken (Herz, Gehirn, Beine, Nieren) gleichzeitig auf. Folgeerkrankungen der Arteriosklerose können koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, Infarkt sowie schmerzhafte Erkrankungen der Blutgefässe an Armen und Beinen sein. Fachleute vertreten die
Ueberzeugung, dass bei einem „herzgesunden Lebensstil“ neunzig Prozent
aller Herzinfarkte zu vermeiden seien.