Beim Spaziergang durch einen Rosengarten, beim Schälen einer Orange oder beim Verreiben eines Lavendelzweigs zwischen den Fingern, sperrt jeder gern die Nase auf. Aber was genau riechen wir dabei? Es sind die ätherischen Öle, die Gewürzen, Kräutern, Blumen und Früchten das besondere Aroma, den ganz eigenen Duft und den typischen Geschmack verleihen.
Autorin: CW
In der Aromatherapie benutzt man sie, um körperliche und seelische Zustände zu beeinflussen.
Mit keinem anderen Sinn nehmen wir so schnell wahr, wie mit unserem Geruchssinn. Wir halten die Nase in die Luft, um die frische Winterluft einzuatmen und sagen dabei: «Es riecht nach Schnee!» Ohne dass sich etwas verändert hat, fühlen wir uns auf einmal pudelwohl. Oder wir spazieren mit unseren Kindern über den Markt, riechen Lebkuchen, Glühwein, Honig, Kardamon und, kaum haben wir diese Düfte wahrgenommen, sind sie auch schon da: Die Geschichten aus der Kindheit! Wir sehen unsere Mutter damals zu Hause den Lebkuchen backen und erinnern uns an den Großvater, der am späten Abend kam, um Nüsse und Äpfel vorbeizubringen.
Düfte wie ein Waldboden nach dem Sommerregen, frisches Heu oder der Wohlgeruch von Orangen, Tannen und Zimt, wirken wie kleine Zauber. Kaum sind sie uns die Nase gestiegen, tragen sie uns auch schon weg, in die weit entfernte Zeit der Kindheit. Der Geruch ist wie ein Seil, ein Anker in eine ferne Zeit, zu Momenten, an die wir schon lange nicht mehr dachten.
Wie roch die Welt damals, als wir selbst noch bei einem Erwachsenen an der Hand gingen?
Die Nase im Wind
Bevor wir selbst realisieren, was uns da in die Nase gestiegen ist, oder unsere Augen den Duftauslöser finden, schickt uns das Gehirn schon die passenden Bilder und Emotionen, denn mit dem Geruch blicken wir nicht allein nur zurück, sondern wir bekommen auch die dazugehörenden Gefühle mitgeliefert.
Nachdem uns ein Geruch die Nase emporgestiegen ist, gelangt er in das limbische System, in dem sich die Schaltzentrale für die ursprünglichen emotionalen Instinkte wie Freude, Sympathie und Antipathie, Trauer, Glück, Fluchtdrang und viele andere mehr befindet. Doch was genau ist dieses System?
Entwicklungesgeschichtlich gehört das limbische System zu den ältesten Regionen des Gehirns, genauer gesagt zu dem Teil, der für die lebenserhaltenden, vegetativen Funktionen zuständig ist – also für die Atmung, die Herzfunktion, die Verdauung und die Ausscheidung.
In der Urzeit waren Mensch und Tier auf ihre Nase angewiesen, um wichtige, lebensnotwendige Informationen zu erhalten. Über die Nase wurde eine Fährte aufgenommen, eine Beute geortet, der Wetterwechsel gerochen, Feuer wahrgenommen, Sexualpartner, Freunde und Feinde wurden beschnuppert und gewittert.
Heute sind wir in dieser Form nicht mehr auf unsere Nase angewiesen. Dennoch, und meist ohne dass wir es bewusst realisieren, reagieren wir auch heute noch auf Gerüche. Wir können einen Menschen riechen, jemand soll gefälligst verduften oder, wie in dem oben zitierten Beispiel, wir verspüren eine unerklärliche Sehnsucht, wenn wir bestimmte Düfte aus der Zeit unserer eigenen Kindheit wahrnehmen.
Frauen bedienen sich schon seit Jahrtausenden dieser Nase-Gehirn-Verbindung. Es geht um eigenes Wohlgefühl, oft aber auch darum, auf andere zu wirken. Ein besonders guter Duft wird bemerkt und nicht vergessen. Das wusste schon Cleopatra. Mit Milch & Honig, Essenzen & Lotionen pflegte sie sich und ihre Schönheit. Sie betörte, legte eine Duft-Spur an. Die Menschen – Männer? – um sie herum folgten ihr schnuppernd.
Sind wir heute einem Menschen auf der Spur, ist es nicht mehr nötig, seine Fährte mit der Nase aufzunehmen, und suchen wir einen besonderen Ort, eine bestimmte Strasse, hilft uns das Navigationssystem im Wagen. Insofern hat sich unsere Situation zu der unserer Vorfahren erheblich verändert. Geblieben ist jedoch der Zusammenhang von Geruch, hormoneller Steuerung und emotionalem Verhalten. Die Geschäftswelt hat dies erkannt und beduftet schon seit langem Verkaufsräume, um die Umsätze zu steigern. Unserer Nahrung werden Aromen zugesetzt,amerikanische und japanische Firmen sorgen in den Büros für Düfte, welche die Konzentrationsfähigkeit steigern und die Fehlerquote verringern können.
Genutzt wird dabei das natürliche Bedürfnis, sich gerne dort aufzuhalten, wo die Luft gut riecht. Um jetzt zustimmend zu nicken, braucht es zwar keine wissenschaftlichen Untersuchungen, sie werden aber dennoch gemacht. Das, was wir von Natur aus wissen, ist auch von Zahlen, Kurven, Fakten ordentlich belegt. Die Wissenschaft hat festgestellt: Lavendel stimmt uns gelassen, Rose sinnlich, Bergamotte muntert auf. Aber auch in der Nacht, im Schlaf, beeinflussen uns Düfte.
Tests haben gezeigt, dass sich bei einem Schlafenden Puls und Hirnströme erhöhen, liegt Pfefferminzduft in der Luft. Bei Lavendel werden diese Kurven flacher. Es ist inzwischen sogar nachgewiesen, in welchem Teil des Gehirns Gerüche wirken.
Über die Nase bekommen wir Lust auf Sex, Lust auf Arbeit, Lust auf Essen. Düfte beruhigen das Gemüt, machen uns wach und bringen unser Immunsystem auf Trab. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen sich ein Duftlämpchen ins Zimmer stellen. Mittels einer kleinen Kerze werden ätherische Öle im Wasser erhitzt und bald schon strömen wunderbare Gerüche durch den Raum.
Das aus Echtem Lavendel gewonnene ätherische Öl wirkt beruhigend, krampflösend und antiseptisch. Mediziner der University of Medical Science in Teheran (Iran) konnten in einem klinischen Versuch feststellen, dass Lavendelduft auch die Beschwerden während der Menstruation verringert. Am Versuch nahmen 96 Studentinnen mit starken oder sehr starken Regelbeschwerden teil. Die eine Hälfte inhalierte eine Stunde nach dem Einsetzen der ersten Symptome Lavendelöl, die andere Hälfte Sesamöl. Bei denjenigen, die das Lavendelöl eingeatmet hatten, verringerten sich Unterleibskrämpfe, Müdigkeit, Übelkeit und Kopfschmerzen deutlich gegenüber der Kontrollgruppe. Bei der Stärke der Blutung konnte jedoch kein Unterschied festgestellt werden.
Selbst das Hormonsystem des Menschen wird von Düften mitgesteuert. Die diplomierte Aromatologin und Atemtherapeutin Barbara Bernath-Frei: «Man hat festgestellt, dass Frauen, die über einen längeren Zeitraum zusammen wohnen, einen ähnlichen Menstruationszyklus bekommen. Die Körperausdünstung einer Frau gibt Auskunft darüber, in welcher Phase sie sich gerade befindet.» Das Einatmen von Düften löst also aus, dass wir uns plötzlich glücklich fühlen oder einsam und gestresst.
Dass der Geruchssinn eine Rolle bei Heilungsprozessen spielen könnte, bestätigt auch eine Untersuchung von Forschern der Ruhr-Universität Bochum. Mehr als 15 Geruchsrezeptoren, die in der Nase des Menschen vorkommen, finden sich auch auf seiner Haut. Einer dieser Rezeptoren reagiert beispielsweise auf das synthetische Pendant von Sandelholzduft. Wird der Rezeptor aktiviert, heilt die Haut bei Verletzungen schneller.
Quelle: carstens-stiftung.de/NZZ am Sonntag/TR
Weitere Informationen zum Lavendel:
Forscher der Northumbria University untersuchten in einer Studie, wie sich der Duft von Rosmarinöl-Essenz auf das sogenannte prospektive Gedächtnis auswirkt. Das prospektive Gedächtnis beschreibt die Fähigkeit, absichtsvoll zu planen und nach zeitlicher Verzögerung diese erarbeiteten Pläne auch selbstständig durchzuführen, z.B., wenn man sich am Morgen daran erinnert, am Abend ein Medikament einzunehmen, und das dann auch tut.
An der Studie nahmen insgesamt 66 Probanden teil. Eine Gruppe sollte in
einem zuvor mit Rosmarinölduft besprühten Raum verschiedene Tests
durchführen, der Raum der zweiten Gruppe wies keine Präparierung auf.
Beide Gruppen mussten die gleichen Tests zum prospektiven Gedächtnis
absolvieren.
Das Ergebnis zeigt, dass das Einatmen von Rosmarinöl-Essenz die
Fähigkeit, absichtsvoll zu planen und zu handeln verbesserte.
Verantwortlich dafür ist die organische Verbindung 1,8-Cineol, die 35
bis 45 Prozent des Rosmarinöls ausmacht und auch in Eukalyptus oder
Salbei vorkommt.
Teilnehmer, die sich in dem Raum mit dem Rosmarinöl-Duft aufhielten,
wiesen danach signifikant höhere Konzentrationen von 1,8-Cineol im Blut
auf. Diese organische Verbindung hemmt ein Enzym, das den Austausch von
Botenstoffen in den Nervenzellen behindert; dies wurde bereits in
früheren Studien nachgewiesen.
Quelle: medicaldaily.com
Für Orangen- und Orangenblütenöl gilt, was für alle Öle in der Aromatherapie gilt: Es muss hundertprozentig rein sein, ein Naturdestillat oder kaltgepresst gewonnen. Auch hier ist der biologische Anbau der beste.
Orangenöl ist ein wunderbarer Zimmerduft. Er macht klar, regt an und ist besonders angenehm, wenn man sich unruhig, gestresst oder ängstlich fühlt. Der Duft heitert auf, ist sinnlich, und kann schmusebedürftig machen, denn er vermittelt Wärme und auch Zärtlichkeit.
Manche beschreiben den Duft als fruchtig, andere als herb und wieder andere als süß, leicht und hell. Auch in vielen Putzmitteln wird neuerdings – ganz werbewirksam – Orangenduft verwendet.
Aber: So gut die Öle auch riechen, sie sollten nie unverdünnt benutzt werden, schon gar nicht auf der Haut oder erhitzt. Alle Zitrusöle können hautreizend wirken, manchmal können sogar bei der Verwendung als Raumduft allergische Reaktionen auftreten. Ganz besonders schwangere Frauen, kranke oder ältere Menschen sollten vorher mit einem Sachkundigen, z. B. einem ausgebildetenAromatherapeuten, absprechen, ob das gewählte Öl das richtige und welche Dosierung für sie die beste ist. Auf dem Etikett finden Sie im übrigen die Angaben hinsichtlich der Qualität und wie das Öl gewonnen wurde. Orangenöl wird aus den Schalen bitterer und süßer Orangen hergestellt.
Zum Baden eignet sich das Öl aus den Blüten am besten. Mit einem guten Pflanzenöl, Milch oder sogar Sahne kann man ein paar Tropfen Orangenblütenöl vermischen. Meist werden fünf Tropfen auf einen Esslöffel Pflanzenöl gerechnet. Eine Kapsel Vitamin E konserviert das Badeöl. Orangenblütenöl lässt sich auch sehr schön mit anderen Ölen mischen.
Offenbar beeinflussen Düfte auch den Stoffwechsel von Krebs-Zellen. Lesen Sie hier mehr