Hafer führt zu Unrecht ein Schattendasein: Ob als Porridge, Haferbrei oder als Wiederentdeckung «Overnight Oats», Hafer ist eines der nährstoffreichsten Getreide überhaupt.
Ingrid Zehnder GN 12.13, letztes Update 5.6.2015
Der Bauch des kranken Kindes krampft, Übelkeit
steigt hoch – da kommt Oma mit warmem,
suppigem Haferschleim, ungesüßt, ungesalzen:
«Iss, dann geht es dir bald wieder gut.»
Die schnelle Besserung ist rasch verdrängt,
zurück bleibt die Erinnerung an Kranksein
plus Schleim ohne Geschmack.
Höchste Zeit, die schlechten Erinnerungen
über Bord zu werfen.
Denn Haferbrei ist nicht nur gesund,
man kann ihn auch sehr schmackhaft
zubereiten. Süß mit saisonalen Früchten
und – je nach Gusto und Laune – mit
knusprigem braunem Rohrzucker, Ahornsirup,
Zimt, Rosinen, Cranberries, Zitronensaft, Honig, geraspelter
Schokolade, zerkleinerten Datteln, Kokosflocken,
Mandelblättchen, gehackten Walnüssen
oder pikant mit Pfeffer, Rosenpaprika, Schnittlauch,
zerlassener Butter, gerösteten Zwiebeln, Gemüseresten.
Warmer Porridge zum Frühstück gibt jede Menge
Energie, macht lange satt und ist das Richtige
für einen empfindlichen Magen, der morgens
nicht auf belegte Brote steht.
Selbst in Großbritannien, sozusagen dem
Mutterland des Porridge, wird von einer Renaissance
des Breis gesprochen. Zu Recht. Nicht nur im Winter ist ein warmes Frühstück eine feine Sache
und ein perfekter Start in den Tag. Probieren
Sie es mal aus:
Für eine Person nimmt man einen
Esslöffel (feine)
Haferflocken auf
100 ml Flüssigkeit und
köchelt den Brei mit einer
Prise Salz (auch für die süße
Variante) bei mittlerer
Temperatur 5 bis 10 Minuten. Sie
können jede Art von Milch nehmen, Wasser,
halb-halb oder Gemüsebrühe. Da es für Porridge
etwa so viele Rezepte gibt wie für
Fondue oder Kartoffelsalat, müssen Sie austesten,
wie es Ihnen am besten schmeckt.
Dick?
Oder doch etwas flüssiger? Mit feinen oder groben
Flocken? Vielleicht mit nussiger Haferkleie, die jedoch
etwas länger gekocht werden muss?
Das Porridge-Grundrezept von guten Hotels/Köchen
im Vereinigten Königreich geht so:
Haferflocken sollte man aus ökologischem Anbau
beziehen. Im konventionellen Anbau wird Hafer
(wie andere Getreide auch) meist kurz vor der Ernte
mit einem Pestizid bespritzt. Durch diese Dusche
mit Unkrautvernichtern, die bis eine Woche vor der
Ernte offiziell erlaubt ist, stirbt nicht nur das Unkraut
ab, sondern auch das Getreide, das dann
gleichmäßiger trocknet. Und das ist wichtig, denn
bei zu hoher Ernte-Feuchtigkeit, muss der Hafer
nach wenigen Stunden sofort getrocknet werden,
weil er ansonsten wegen des dumpfen Geruchs
nicht mehr als Speisehafer verwendet werden
kann.
Bei Proben von «Öko-Test» im Herbst 2012 wurden
Spuren des Pestizids Glyphosat in Mehl, Brötchen
und Haferflocken gefunden. Zwar behauptet die EU,
der Stoff sei für Tiere und Menschen harmlos, doch
hegen neue wissenschaftliche Studien aus Frankreich
und Argentinien ernste Zweifel an der Unbedenklichkeit.
Haferkörner sind mit den umgebenden Spelzen fest
verwachsen, sodass sie beim Dreschen nicht herausfallen. Bei Tierfutter bleiben die Spelzen am
Korn, für Lebensmittel müssen sie entfernt werden.
Nach dem Entspelzen werden die Haferkörner trockener
Hitze ausgesetzt (gedarrt), danach mit Wasserdampf
behandelt und wieder getrocknet. Dabei
bildet sich das typische nussartige Aroma.