Brot gehört zu unseren wichtigsten Nahrungsmitteln. Neben Eiweiß und Kohlenhydraten liefert uns vor allem Vollkornbrot Vitamine, Ballaststoffe und wertvolle Spurenelemente. Und nicht zuletzt ist ein frisch gebackenes Brot ein aromatischer Genuss. Autor: Tino Richter
Ob schwedisches Knäckebrot, deutsches Roggenmischbrot, schweizerisches Ruchbrot, türkische Pide, indisches Chapati, mexikanische Tortillas oder Fladenbrote aus Maniok, Brot ist ein fast weltweit genutztes Nahrungsmittel. Allein im deutschen Sprachraum werden über 300 verschiedene Schwarz-, Grau- und Weißbrotsorten angeboten.
Eine genaue Zahl ist aber nicht bekannt, weshalb sogenannte Brotregister die vielen verschiedenen Sorten und regionalen Spezialitäten sammeln. In Deutschland werden pro Kopf und Jahr zwischen 55 und 60 Kilogramm Brot verzehrt, in der Schweiz sind es etwa 50 Kilogramm. Weltweiter Spitzenreiter ist aber der Iran: Hier wird pro Kopf rund 160 Kilogramm Brot hergestellt.
...dess Lied ich sing», hieß es bereits bei den Minesängern des Mittelalters. Zur Zeit des Römischen Kaiserreichs wurde die Bevölkerung mit «Brot und Spielen» bei Laune gehalten, und wer flüssiges Brot verlangt, der nimmt über das Malz im Bier gekeimtes und getrocknetes Getreide zu sich. Wer gleich zwei begehrte Dinge auf einmal haben möchte, dem antwortet man in der Schweiz: «S’Füfferli us Weggli», also das 5-Rappen-Stück und das Brötchen, könne man nicht zusammen haben. Aber auch «sein Brot verdienen», «Broterwerb» oder das Gegenstück, «die brotlose Kunst», zeugen von der enormen Bedeutung und der langen Geschichte des Brotes.
Die Urform des Brotes bestand aus einem Brei aus Wasser und Getreide, welcher auf heiße Steine gelegt zu Fladenbroten gebacken wurde. Diese einfachste Form des Brotes hat sich in Malaysia (Roti Canai) über Pakistan (Papadam) bis in die Türkei (Pide) und Italien (Focaccia) als landestypische Speise erhalten. Fladenbrote sind weltweit in allen ackerbauenden Kulturen bekannt und stellen auch heute die am weitesten verbreitete Zubereitungsart von Brot dar.
Für die erste Hochkultur des Brotes sorgten aber die Ägypter. Im Land des Nils, damals auch als Kornkammer des Mittelmeeres bekannt, wurde erstmals die Wirkung von natürlichen Hefepilzen entdeckt. Diese sammelten sich bei der Lufttrocknung des Teiges an. Hefepilze produzieren Kohlenstoffdioxid, was zu einer lockeren Konsistenz des Teiges, einer besseren Haltbarkeit und nicht zuletzt zu einem besseren Geschmack führt. Außerdem begannen die Ägypter, das Getreide zwischen Mahlsteinen zu zerkleinern und erste Backöfen zu verwenden. So konnten umfangreichere Laibe gebacken werden. Von Ägypten gelangte das Wissen dann über Griechenland und das Römische Reich auch ins restliche Europa.
Aber warum gibt es ausgerechnet im deutschsprachigen Raum so viele verschiedenen Brotsorten? Damals wurden die vorderasiatischen Wildweizen Emmer und Einkorn sowie die wilde Gerste zum Brotbacken verwendet. Mit Zunahme der Bevölkerung benötigten die Bauern in Mitteleuropa aber Getreidesorten, die in einem relativ kühlen Klima gute Erträge brachten. Eine davon war das Wildgetreide Roggen. Er vertrug das feuchtkalte Klima und die sandigen Böden weitaus besser als der Weizen, der eher südlich der Alpen gedieh. Durch die unterschiedliche Mischung beider Mehlsorten entwickelte sich die heute weltweit einzigartige Brotkultur.
Ein weiterer Grund war die im deutschen Raum typische Kleinstaaterei vergangener Jahrhunderte. Viele kleine Herzogtümer und unabhängige Städte sorgten dafür, dass nicht nur jeder sein Süppchen kochte, sondern auch jeder Landstrich sein eigenes Brot backte.
Deshalb konnten beispielsweise die zentral regierten Länder Frankreich und England auch beim Brot eine einheitlichere Kultur entwickeln als das zersplitterte Deutsche Reich – zu dem bis 1648 rechtlich gesehen auch die Schweiz gehörte. Deren Kantonsbrote, wie z.B. das halbweiße Bernerbrot oder das dunkle Walliserbrot aus Roggenvollkornmehl, zeugen heute noch von dieser grossen Vielfalt.
Im Mittelalter war Brot eine Frage des Wohlstands. Noch bis ins 17. Jahrhundert galt Weißbrot als absolutes Luxusgut. Nur die wohlhabenden Bevölkerungsschichten konnten sich die teuren, hellen Sorten aus fein gemahlenem Weizen- oder Dinkelmehl leisten. Die Mehrheit ass dunkles Brot aus grob gemahlenem (Vollkorn-)Roggenmehl, weil es deutlich billiger war.
Vollkornbrot kam zum ersten Mal an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert in Mode. Es entstanden Reformbewegungen, die sich gegen die fortschreitende Industrialisierung richteten und die Nähe zur Natur suchten. Man wollte möglichst natürliche, vollwertige Nahrungsmittel zu sich nehmen. Seitdem hat sich das Vollkornbrot zu einer festen Größe im Brotkorb entwickelt.
Brote werden grundsätzlich nach gesäuertem und ungesäuertem Teig unterschieden. Gesäuertes Brot enthält Triebmittel wie Sauerteig, Hefe oder beides. Triebmittel sorgen über die Einlagerung von Gasen für eine lockere Konsistenz. Ungesäuertes Brot, wie z.B. Fladenbrot, wird gebacken, bevor eine Gärung einsetzen kann.
Während das türkische Fladenbrot (Pide) gänzlich aus einem Hefeteig gebacken wird, enthält die jüdische Matze gar kein Triebmittel. Die für uns geläufigere Unterscheidung ist die nach dem verwendeten Getreide (z.B. Weizen, Dinkel oder Roggen), der Mehlart (Auszugsmehl oder Vollkornmehl, fein oder grob gemahlen) bzw. speziellen Zutaten (z.B. Kürbis- oder Sonnenblumenkerne).
Schon Alfred Vogel erkannte, dass Vollkornbrot wichtig ist, um «...täglich mit dem für unseren Körper Notwendigen gespeist zu werden.» Nach Fleisch und Milch ist Brot unser drittwichtigster Eiweißlieferant; 15–20 Prozent des täglichen Proteinbedarfs werden allein durch Brot gedeckt. Vollkornbrot ist im Gegensatz zu Weißbrot reich an komplexen Kohlenhydraten und enthält zudem wenig Fett. Besonders in den Randschichten des Korns, die beim Vollkornmehl mitverabeitet werden, befinden sich Vitamine, Mineralstoffe sowie Ballaststoffe und wertvolle Spurenelemente wie Selen, Eisen, Zink, Kupfer und Mangan. Die Kohlenhydrate des Vollkornbrots bestehen hauptsächlich aus Stärke, nur 2 bis 4 Prozent sind einfache Zucker. Ideal also, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.
Toastbrote sind Weizenbrotteige mit zusätzlichem Fett (Butter oder Margarine) sowie etwas Zucker und Milch. Überraschenderweise befindet sich in Mehrkorn- und Saatentoast durch die Körner mehr Fett als im Buttertoast. Auch die dunkle Färbung von Mehrkorntoast ist nicht etwa auf viel Roggen zurückzuführen, sondern auf Karamellsirup oder Gerstenmalzextrakt.
Wer auf den Toast dennoch nicht verzichten möchte, der sollte auf Vollkorntoast setzen. Denn nur hier sind die wichtigen Ballaststoffe in ausreichender Menge vorhanden. Sofern der Toast goldgelb und nicht verbrannt ist, verursacht der Röstvorgang auch keine schädlichen Substanzen. Schwarze Stellen nicht abkratzen, sondern einen neuen Toast verwenden.
Brot mit intakten Körnern oder Getreideflocken sättigt nicht nur länger als Brot aus den selben, aber vermahlenen Zutaten, es sorgt auch dafür, dass sich die Magenentleerung verzögert. Die Ballaststoffe verlangsamen den Abbau komplexer Kohlenhydrate wie Stärke zu Einfachzucker, was den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen lässt.
Ganz im Gegensatz zum Weißbrot. Hier steckt viel mehr Stärke in Form von Einfachzucker drin, der schnell ins Blut übergeht und den Blutzuckerspiegel in die Höhe treibt. Dadurch produziert die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin als nötig. Eine kurzzeitige Unterzuckerung und ein bald einsetzendes Hungergefühl sind die Folge. Zudem enthalten Weißbrote und viele helle Brötchen rund zwei Drittel weniger Mineralstoffe und nur halb so viel Vitamine und Ballaststoffe wie Vollkornprodukte. Ein Kilogramm Weißbrot enthält fast 500 Kilokalorien mehr als ein Kilogramm Vollkornbrot. Brot allein macht also nicht dick.
Eiweißbrot: Brot zum Abnehmen?
Doch die Mär vom dickmachenden Brot hält sich in unserer diät- und gewichtgestressten Welt hartnäckig. Ein Grund, warum Bäckereien mittlerweile auch sogenanntes Eiweißbrot anbieten, das mehr Eiweiß und weniger Kohlenhydrate enthält. Die Idee dahinter: Durch die verminderte Kohlenhydratzufuhr wird der Körper dazu gezwungen, seine Fettreserven anzugreifen. Die sogenannten Low-Carb-Diäten (engl. low carbohydrate, kohlenhydratarm) propagieren einen völligen oder teilweisen Verzicht auf Kohlenhydrate, dafür die Aufnahme von viel Protein und Fett.
Doch das steigert den Cholesterinspiegel und kann das Herz langfristig schädigen, wie eine Studie von Forschern der Uni Göteborg zeigte. Eiweißbrote enthalten zudem drei- bis zehnmal mehr Fett als normale Brote. Und auch bei Geschmackstests schneiden die schwammigen Eiweissbrotscheiben eher schlecht ab.
In der Schweiz werden etwa zu 50 Prozent Weißmehle, zu 23 Prozent Halbweißmehle, zu 15 Prozent Ruch- und nur zu 11 Prozent Spezial- und Roggenmehle verwendet. Ruchmehle werden nach dem Entzug von Weißmehl gewonnen und enthalten noch einen Teil der äußeren Schalenschicht. In Deutschland und besonders in Mittel- und Osteuropa ist der Anteil von Broten aus Roggenmehl sehr viel grösser. Aufgrund des Kostendrucks und der aufwendigeren Verarbeitung geht der Trend bei Anbau und Verzehr in Deutschland und der Schweiz leider Richtung Weizen statt in Richtung Roggen.
Während bei Weizenbroten Hefe für den Gärungsprozess ausreicht, benötigen Roggenbrote Sauerteig. Dieser besteht aus Roggenmehl, Wasser und einer pasteähnlichen Masse aus Milchsäurebakterien und Hefen. Der Sauerteig macht je nach Sorte zwischen 10 und 40 Prozent des Brotteiges aus und verleiht dem Sauerteigbrot durch die vielen Geruchs- und Geschmacksstoffe ein ganz besonders würziges Aroma. Durch die Gärung, die bis zu 20 Stunden dauert, werden viele Aromen verstärkt. Sie ermöglichen unserem Körper eine bessere Verwertung der gesunden Stoffe aus dem Vollkornmehl. Und das schmeckt der Brotliebhaber beim herzhaften Biss in ein frisches und duftendes Brot direkt vom Bäcker.
Immer mehr Menschen suchen gezielt hochwertige, gesunde Lebensmittel und ernähren sich bewusst ausgewogen. Besonders Vollkornprodukte haben in den letzten Jahren von dieser Entwicklung profitiert. Im Unterschied zu konventionellem Brot stammt Biobrot ausschließlich aus ökologischem Anbau. Das heisst, mineralische Stickstoffdünger, Halmverkürzer, synthetische Fungizide und Insektizide sind verboten. Mit dem Verzicht auf Mineraldünger und chemische Spritzmittel verringert sich zwar den Ertrag, dafür wird die Umwelt nicht belastet und weniger Nährstoffe wie Nitrate und Phosphate werden aus dem Boden ausgewaschen.
Brot hält sich am besten bei Raumtemperatur, im Kühlschrank wird es schnell altbacken. Unverpacktes Brot kann in Kunststoffbeuteln oder -folie aufgehoben werden. Auch Steingut- und Keramiktöpfe eignen sich für die Lagerung von Brot, besonders wenn sie keine Luftlöcher oder -schlitze haben und sich der Deckel gut schliessen lässt. Brot mit Schimmel gehört generell in den Müll, da er unsichtbar im Innern wächst.
Sauerteigbrote sind übrigens deutlich länger haltbar als Hefebrote, und sie trocknen durch die höhere Feuchte weniger schnell aus.